Die Sammlung
Die hier präsentierten Podai-Malereien sind Zeugnisse eines langjährigen Prozesses der Zusammenarbeit zwischen den Loma-Frauen aus den Dörfern des Val de Guinée (Guinea) und dem deutschen Sammler und Forscher Karl-Heinz Krieg. 1996, nach dem Abschluss seiner Forschungsreisen zum Projekt „Podai“, an dem 41 Loma-Künstlerinnen beteiligt waren, hatte Krieg eine Sammlung von 3.600 Malereien in Deutschland zusammen gebracht. Für jede dieser Arbeiten musste Krieg Papier und Farben aus Deutschland in seinem VW-Bus über die Elfenbeinküste in die entlegene Bergregion Guineas transportieren und auf dem gleichen Weg wieder zurückbringen. Verborgen hinter den beeindruckenden Exponaten dieser Sammlung bleiben die Zeiten und Wege des Sammelns und die Persönlichkeit dessen, der sammelt, die Motive, die den Menschen auf den Weg bringen und der individuelle Blick, der sieht, was andere nicht wahrnehmen. Dem geschulten Blick des Sammlers Krieg, der das Außergewöhnliche dieser Körperornamentik erkannte, ist es zu verdanken, dass uns nun ein wichtiger Beitrag zur Dokumentation afrikanischer Frauenmalerei vorliegt. Diese Art visueller Darstellungen wurde lange vernachlässigt, da sie eine vergängliche Form der Kunst darstellte, die sich nicht unmittelbar materiell aneignen ließ.
Der Blick des Sammlers Karl-Heinz Krieg
Wir nehmen mit uns, was uns unmöglich ist zurückzulassen: die eigene GESCHICHTE. [1]
“Mein Forschungsobjekt war genau definiert. Ich wollte die Loma-Variante der Poro Gesellschaft, eine der berühmtesten Geheimgesellschaften des westatlantischen Waldgürtels, untersuchen. Nur wusste ich noch nicht genau, wo ich sie studieren sollte.” [2] So beginnt Kristian Højbjerg seinen Bericht über die Loma in Guinea, die das Thema auch dieser Ausstellung sind. Während der Ethnologe Højbjerg sein zu erforschendes Feld vorab theoretisch bestimmte, verdankt diese Ausstellung und die ihr zugrunde liegende Sammlung von Podai-Malereien ihren Ursprung einem Zusammentreffen glücklicher Umstände und der Entdeckung des Forschungsgegenstandes vor Ort.
1987 war Karl-Heinz Krieg auf dem Weg von Lomé/Togo nach Kindia/Guinea, um einen bekannten Batikkünstler aufzusuchen. Der Umstand, eines Abends in der Dämmerung im Gebiet der Loma ein Nachtquartier suchen zu müssen, gestattete Krieg einen Blick auf eine kleine Szene im Hof: Eine ältere Frau - Komassa Guilavogi - bemalte den Körper eines jungen Mädchens mit abstrakten Formen. Diese zufällige Begegnung eröffnete Krieg den Zugang zu der Malerei der Loma-Frauen, die den Namen „Podai" trägt. Mit dem geschulten Blick eines Sammlers afrikanischer Kunst erkannte Karl-Heinz Krieg die Einzigartigkeit dieser Malereien. Spontan verschob er seine Weiterreise um fünf Tage. “Eine Reise kann noch so gut geplant sein, jeder Tag bringt Neues, Unvorhergesehenes. Wer krampfhaft an seinen Plänen, Uhr und Kalender klebt, wer sich nicht schnell auf „besondere Umstände“ einstellen kann, geht leicht baden. Dass ich diese Zeilen überhaupt schreiben kann, verdanke ich einem dieser Zufälle - ungeplant, unvorbereitet, fiel ein Stern vom Himmel.” [3]
Schon am folgenden Tag hatte er das Glück, Mama Gaou, eine der Meisterinnen der Körpermalerei zu treffen, mit der er viele Jahre zusammenarbeiten sollte. Ihr verdankt Krieg einige der ersten Bilder seiner Podai-Sammlung. Als Freundschaftsgabe malte Mama Gaou ihm Ornamente mit Batik- und Lehmfarben auf Schreibmaschinenpapier. Zurück in Deutschland waren Kriegs Freunde, besonders die Künstler/-innen unter ihnen, von diesen Malereien begeistert.
In jener Runde wurde der Entschluss gefasst, diese Form vergänglicher weiblicher Ornamentik zu erforschen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Anstrengungen, die finanziellen Aufwendungen und die Gefahren, die dieses Projekt enthalten sollten, nicht absehbar. An die erste geplante Reise 1989 schlossen sich noch drei weitere Feldforschungen in den Jahren 1990, 1991 und 1996 an. Sie galten sowohl der Dokumentation der Podaimalereien auf Papier als auch der Erforschung ihres kulturellen Kontextes. Krieg gewann die Frauen dafür, ihre Ornamente auf Papier zu übertragen und hielt ihre Aussagen zur Ästhetik und zur Bedeutung der Ornamente fest. Des Weiteren befragte er auch Dorfbewohner zu Alltag und Religion.
Die für ihre Zurückhaltung gegenüber Fremden bekannten Loma nahmen Krieg erstaunlicherweise in ihre Dorfgemeinschaft auf und beantworteten viele seiner Fragen. Der Dorfchef Akoi Onivogi aus Segbémé sagte Krieg, indem er auf einen schwarzen Felsen wies: “Siehst Du diese schwarzen Felsen? Der Kopf eines Loma ist hart wie die schwarzen Steine (= hart wie Granit). Wir sind sehr verschlossen allen Fremden gegenüber, haben zunächst ein großes Misstrauen gegen alles Fremde.” [4] Nicht zuletzt durch die Erinnerung an eine französische Gruppe von Ethnologen und Filmemachern, die in den fünfziger Jahren in den Heiligen Hain des Männerbundes eingedrungen waren, hielt sich das Misstrauen der Loma gegenüber Fremden wach.[5] Krieg, der Jahrzehnte seines Lebens in Afrika verbracht hatte, war es offenbar gelungen, sein Projekt „Podai" in die dörfliche Gemeinschaft der Loma zu integrieren und aufgrund seiner gelebten Erfahrung afrikanischen Alltags Facetten des Realen wahrzunehmen und aufzuzeichnen. [6]
Podai-Ornamentik - ihre Aufgaben
Was ist Podai?
Frage: „Wie nennt man diese Malereien?"
Antwort: „Ich weiß nicht."
Frage: „Nennt man sie nicht Podai?"
Antwort: „]a, genau!" [7]
Podai nennen die Loma die ornamentalen Malereien, die zu besonderen Anlässen die Körper der Frauen [8] schmücken, aber auch die Hauswände verzieren. Ihren Namen erhält die Malerei von der Nuss des Podai-Baumes [9], die zusammen mit den Früchten des sogosogogi-Baumes, Holzkohle und Wasser in einem Mörser zerstampft wird. Die Frauen tragen die schwarze ölige Farbe mit Hilfe einer Blattrispe in feinen Linien auf den Körper auf.
Die Kunst der Podaimalerei ist eine reine Frauentradition, mit der die Männer nichts zu tun haben und zu tun haben wollen. Dazu der Dorfchef Akoi Beavogi von Segbémé im Interview mit Karl-Heinz Krieg: „Dies ist eine Frauensache. Wir sehen es, fragen aber nie danach." Warum wurde Krieg als weißem Mann trotzdem der Zugang zu einem ausschließlich weiblichen Bereich, der Podai-Malerei, gewährt? Akoi Beavogi: “Du bist ein Weißer, Du bist unser Gast - Du gehst auch wieder. Fragen wir unsere Frauen über ihre Dinge aus, bekommen sie Angst. Sie würden uns diese Muster nicht erklären. Unsere Frauen denken darüber sehr kompliziert. Fragt ein Loma danach, denken sie sofort, dass er mit diesem Wissen etwas ganz Bestimmtes im Sinn hat, dass er damit etwas gegen die Frauen unternehmen kann. Hier, bei uns im Dorf geht es immer um „das Versteckte, das Unsichtbare, das im Dunkeln liegt“, „la chose amba“ - also sind sie uns gegenüber verschlossen. Du kommst - Du gehst - Du bist keiner von uns - ja, Du bist ein Mann - unsere Frauen sehen Dich aber nicht so - sie wissen, dass Du dieses Wissen mitnimmst und nicht „Dunkles“ gegen sie unternimmst. Deshalb reden sie, erklären Dir Dinge, die wir Männer nicht wissen, nie wissen dürfen - die uns letztlich aber auch nicht interessieren. [10] Kriegs Mitarbeiter Georges, der die auf Tonband gespeicherten Interviews der Loma-Frauen ins Französische übersetzte, benutzte daher Kopfhörer, um sicher zu stellen, dass niemand mithören konnte. [11]
Zur Herkunft der Podai-Ornamentik befragt, antwortete die Malerin Mama Gaou: “Podai war da bei meiner Geburt.” Eine ähnliche Formulierung fand ihre jüngere Kollegin Kolouma Sovogi: “Die Podai-Muster habe ich bei meiner Geburt angetroffen." [12] Podai war also eine seit Generationen überlieferte Tradition der Loma - präsent für alle Dorfbewohner/-innen im öffentlichen Raum. [13] “Podai war ein Erbe, an dem alle Frauen teilhaben können. Die alten Frauen, die jungen Mädchen, sogar die Kinder können es machen.” [14] „Jede, die dazu fähig ist und die Lust dazu hat, kann Podai-Muster malen." [15] Wichtigste Voraussetzungen für die Malerei waren Vorsicht, Liebe und Intelligenz [16]: „Das Wichtigste: Wer es lernen möchte, der muss diese Malerei lieben." [17] Mit Holzkohlepulver und Wasser übten schon die Kinder, Körper und Wände mit den Podai-Mustern zu verschönern. [18] Konnten die Bemalungen zum rein ästhetischen Vergnügen ausgeführt werden, so ließen sie sich auch als eine Form der Opfergabe wählen - unerlässlich aber waren sie nur im Zusammenhang der Initiation. Mama Gaou: „Anlässe, für die traditionelle Körpermalereien vorgeschrieben sind, sind der Ab- und Aufstieg der Initiierten und das Erlernen der Tänze.“ [19] Von der Bemalung ausgenommen wurden Mädchen, für die Podai-Ornamente ein Tabu darstellten: „Das traditionelle Podai-Muster ist ein Totem [20] für bestimmte Mädchen. Deshalb werden diese Mädchen nicht bemalt. Außer diesen werden alle anderen Frauen und Mädchen mit den traditionellen Mustern bemalt“, erklärte Pévé Zoumanigi. [21]
Podaimalerei und ihr Sinn für die Initiation
Initiationen lassen sich im weitesten Sinne als rituell begleitete Übergangszeiten von einem sozialen Status in einen anderen verstehen. Für die Loma spielten die Podai-Malereien innerhalb der Initiationsphase der Mädchen eine besondere Rolle. Der Zeitraum, in dem sich die Kindheitsmuster auflösten, der neue Status als Frau aber noch nicht erreicht war, war eine Zeit zwischen den Zeiten. Diese Zeit der Undifferenziertheit fand ihren Ausdruck auch in der Wahl des Ortes, an dem sich die Initiation vollzog. Herausgelöst aus der sozialen Ordnung des Dorfes, verbrachten die Mädchen der Loma die Initiationsphase in der Abgeschiedenheit des Buschlagers „douwömawè". Hier lebten die Initiandinnen in Hütten, die nur für die Dauer ihres bis zu siebenjährigen Aufenthaltes unterhalten wurden. [22] Der Busch, die Wildnis erschien den Loma als Bereich ungeordneter, schwer berechenbarer Kräfte, die nicht in den kultivierten Bereich der Menschen eindringen durften und deshalb mit allerlei sorgfältig ausgeführten Handlungen dem Dorf ferngehalten werden mussten.
Deutlich sichtbar wurde diese Grenze zwischen Dorf und Wildnis in der Lianenschnur [23], die als Kreis um ein Loma-Dorf gelegt wurde. Bei jedem Überschreiten der Liane wurde die Grenze zwischen menschlichem Bereich und Natur aktiviert und der Wechsel von einer Sphäre in die andere ins Bewusstsein gerufen. Zudem war der Lianenkreis durch Medizin mit einem Abwehrzauber aufgeladen, der das Dorf vor Übeltätern schützen sollte.
Von dem Bemühen, die Trennung von Dorf und Busch aufrecht zu erhalten, zeugte ein weiteres Verbot. Die Fischnetze der Frauen durften nicht in nassem Zustand ins Dorf zurückgetragen werden. Warum galt dieses Verbot? In der Wildnis waren die spirituellen Kräfte beheimatet. Im Wasser [24], in den Sümpfen lebten die Geister des Frauenbundes. [25] Um die Sphären klar abzugrenzen, mussten die Netze außerhalb des Dorfes getrocknet werden. Das Verbot war vom Zazei, dem Fetisch der Frauen, ausgesprochen worden: „Ein feuchtes Fischernetz ist das Totem des Zazei.“ [26]
Die Maske Angbai (Abb. 5), die als einzige unter den Masken des Männerbundes einen weiblichen Geist repräsentierte [27], holte die Mädchen, die das Alter für ihre Initiation erreicht hatten, in den Dörfern ab und begleitete sie in das Buschlager. Ihr Kleid, aus den Fellen aller erdenklichen Tiere des Urwaldes gefertigt, zeichnete sie für die Rolle eines Mittlers zwischen Busch und Dorf aus. Während der gesamten Initiationsperiode standen die Mädchen unter ihrem Schutz. Im Buschlager wurden die Initiandinnen von den Zomagiti [28], den älteren Frauen, in das spezielle Wissen der Frauen eingeführt, zu dem neben handwerklich/praktischen Techniken auch spirituelles Wissen gehörte. Außerhalb des geschützten Dorfbereiches erforderte der Umgang mit den Mächten der Wildnis die besondere Stärke und die Erfahrungen der älteren Frauen. [29]
Aus der gemeinsam erlebten Zeit und den gemeinsam erlittenen Grenzerfahrungen konstituierten sich lebenslange Bindungen, die u.a. durch den Eintritt in den Zadegi, den Frauenbund, ihren Ausdruck fanden. [31] Weitere Zeichen des Wandels und der neuen Zugehörigkeit, die die initiierten Frauen für alle sichtbar kennzeichneten, waren die Wöéngi, die in die Haut eingeschnittenen Ziernarben (Abb. 6). Sie wiesen die Wissenden auf die verborgenen körperlichen Veränderungen hin. „Sitzen in unserem Dorf Frauen zusammen und reden über ihre Frauengeheimnisse, werden sie sofort still, wenn eine Fremde dazukommt. Hat sie aber eine Narbenkennzeichnung, so wissen sie, dass sie zum Club der initiierten Frauen gehört. Bei uns ist die Skarifikation ein Ausweis. Die gemalten Podai-Muster verblassen sehr schnell, die Skarifikationen bleiben aber ein ganzes Leben“, erklärte die Hebamme aus Bofosso. [32]
Am Ende der Zeit im Buschlager zeigte sich die innere Reife der Initiandinnen auch in äußerer körperlicher Schönheit, die am Tag der Rückkehr in die dörfliche Gemeinschaft in Schmuck und Bemalung öffentlich und für alle sichtbar wurde. In diesem Sinne war die äußere Schönheit keine angeborene, sondern eine erworbene Eigenschaft [33] und eine moralische Tugend. Die Bemalungen waren keine Verhüllung des Körpers, sondern „vielmehr wird das Innere nach außen gebracht.“ [34]
Betrachtet man die Motive der Körperornamentik, so fallen ihre feinen, sorgfältig gezogenen Linien auf, die in ihrer Klarheit und Abstraktion auf überpersönliche Strukturen verweisen und den Bereich menschlicher Ordnung repräsentieren und unterstützen. Auch wenn anzunehmen ist, dass einigen Motiven ursächlich organische Formen zugrunde lagen, verlor sich ihre individuelle Form. Im Ornament findet sich eher das Prinzip des Organischen wieder, die Natur erscheint durch Abstraktion gezähmt. Den Aussagen der Podzianuiti, der Podai-Malerinnen, lässt sich entnehmen, dass Podai-Ornamente vor allem der Verschönerung dienten. Aber es ist nahe liegend, dass in den ästhetischen Kategorien der Podai-Ornamentik auch dem Ideal der Ordnung, die das Ziel der langen Unterrichtungszeit im Buschlager war, Ausdruck gegeben wurde.
Krieg, der Akoi Onivogi aus Valibassou nach den Qualitäten einer guten Podai-Malerei fragte, erhielt die Antwort, dass die Feinheit, die Proportionen und die Sauberkeit entscheidende Eigenschaften eines Ornamentes seien. Die Feinheit verlange Linien, die mit Präzision gezogen seien und sich nicht „verwirrten". Die Regeln der Proportion forderten Linien, die bis zum äußersten Ende durchgezogen seien. Eine Arbeit müsse zudem sauber, ohne - oder mit möglichst wenigen - Klecksen ausgeführt werden. [35] In den Vorgaben für die Ornamentlinien, die klar, vollständig und sauber sein sollten, spiegelte sich auch das gesellschaftliche Ordnungsideal einer Eindeutigkeit und Vollkommenheit.
Wie auf eine Leinwand wurden die Ornamente auf die Haut, auf die äußere Hülle eines Menschen, seine durchlässige Wand zwischen Innen und Außen, aufgetragen. Im Symbol des Körpers, in seiner äußeren Form und seiner Symmetrie fügten sich die einzelnen Ornamente zusammen und beschrieben den Körper in seiner Rolle als Grenzgänger zwischen der Welt der Natur, die er mit allen Lebewesen teilt, und der Kultur, die ihn als Menschen beschreibt. Die Zeichen der Kultur schrieben die Loma-Frauen dem Körper eigenhändig ein und kennzeichneten ihn damit als einen kultiviert menschlichen. In der Ambivalenz des menschlichen Seins zwischen Wildnis und Zähmung stärkten die Ornamente den Bereich der Ordnung.
Wenn die Initiandinnen das Buschlager verließen, war jede für alle erkennbar mit den Podai-Ornamenten geschmückt, den Zeichen ihrer neuen Zugehörigkeit [36], über die sie sich wieder in die dörfliche Ordnung integrieren konnte. Eine weitere soziale Differenzierung erfolgte durch eine Gesichtsbemalung mit Kaolin (weiß), die eine Gruppe von Initiandinnen als „Kinder von Sklaven“ [37] kennzeichnete. Auch durch die Art der Kopfbedeckung unterschieden sich die Mädchen voneinander. Diejenigen, die nach dem Fest sofort wieder arbeiten und Lasten auf ihren Köpfen transportieren mussten, trugen Kopftücher. Die übrigen, die im Anschluss an das Fest zu Besuchen in die benachbarten Dörfer zogen, schmückten sich mit spitzen Hüten.
Die Podai-Bemalungen lassen sich einerseits als Ästhetisierung und Differenzierung eines individuellen Körpers verstehen, bezeichnen aber andererseits das Individuum als Mitglied der abstrakten Ordnung einer sozialen Gemeinschaft. Aus diesem Grund betonen die Ornamente nicht die Natürlichkeit des einzelnen Körpers. Sie stehen damit im Gegensatz zum christlichen Schönheitsideal, das nur Modifikationen der natürlichen, der von Gott geschaffenen Werke zulässt: „Die Schminke kann sich also als respektvolle Bemalung des göttlichen Werkes rechtfertigen: Sie stellt das, was sie bedeckt, wieder her, sie malt den Mund auf den Mund, die Wangenknochen auf die Wangenknochen, die Wimpern auf die Wimpern usw.“ [38]
Aus diesen Betrachtungen heraus ist das Bemühen und der Ehrgeiz vieler Frauen zu verstehen, im Buschlager die Podai-Malerei zu erlernen und zu üben, um am Ende ihrer Seklusionszeit nicht „nackt" ins Dorf zurückzukehren: „Wir waren sehr darum bemüht, nicht mit nackten Körpern tanzen zu müssen und lernten, wie unsere Lehrmeisterinnen zu malen", sagte Mawoén Guilavogi. [39]
Kehrten die Initiandinnen nach Abschluss der Zeit im Buschlager in den geordneten Bereich des Dorfes zurück, waren sowohl ihre Lippen als auch die ihrer älteren Begleiterinnen, der mamawolai, durch eine senkrecht von der Nase bis zum Kinn durchgezogene Linie „verschlossen". Es war ihnen verboten zu sprechen. Kein Wort aus der Sphäre der Unordnung durfte in das Dorf getragen werden. Erst wenn die Initiandinnen die Eröffnungstänze abgeschlossen hatten, durften sie wieder sprechen. [40] In Gesellschaften, in denen das Wissen mündlich weitergegeben wurde, galten gesprochene Worte als besonders wirksam und mächtig: „Worte besitzen eine Kraft, die sich entfesselt, wenn sie ausgesprochen werden.“ [41]
Die Initiandinnen wurden von der Maske Angbai im Buschlager abgeholt und zurück ins Dorf begleitet. Prächtig geschmückt mit Perlenschnüren, spitzen Hüten und Bastschnüren, dekoriert mit wunderschönen Podai-Ornamenten und Ziernarben, stiegen die initiierten Mädchen und Frauen 1989 in ihr Dorf Segbémé hinauf (Abb. 7). Im Fest der Initiation wurden die verschiedenen Formen der Kunst zusammengeführt: mit Podai-Ornamenten und Ziernarben geschmückt, führten die Frauen ihre Tänze zu den Rhythmen der Trommeln auf (Abb. 8). In den Bewegungen der bemalten Körper waren die Ordnungen der Fläche und der Zeit vereint. Angesichts individueller Schönheit und im Bewusstsein körperlicher Endlichkeit offenbarte sich in den Tanzenden die Begrenztheit menschlichen, natürlichen Seins. Durch ihre ornamentale Bemalung und durch ihre Narbenkennzeichnung war jede einzelne Frau in die gesellschaftliche Ordnung eingegliedert und repräsentierte einen Ausschnitt aus der als unendlich gedachten genealogischen Abfolge gesellschaftlicher Kontinuität.
Die Initiandinnen kehrten zurück in den von Männern und Frauen geteilten Alltag der dörflichen Gemeinschaft, in dem jede ihre Rolle zu übernehmen hatte, damit ein Zusammenleben möglich war. Vieles von dem, was die Frauen gelernt hatten, blieb den Nicht-Initiierten verborgen, aber das Fest bot die Gelegenheit, sowohl das tänzerische Können vorzuführen, als auch andere Bereiche des Erlernten spielerisch in Szene zu setzen. In den Szenen, die sowohl weibliche als auch männliche Tätigkeiten zeigten, wurde der Gemeinschaft das Ideal eines funktionierenden Dorfes und eines harmonischen Zusammenlebens vor Augen geführt.
Podai-Ornamente
Entschlüsselung der Zeichensysteme
Auch nicht-schriftliche Zeichen sind Teil der visuellen Kommunikation und übernehmen eine Rolle in der Vermittlung der Traditionen, Geschichten und Erinnerungen. Das gilt auch in Gesellschaften, in denen Wissen mündlich weitergegeben wird. Zu diesen visuellen Zeichen gehören die Ornamente, denen folgende grundlegende Eigenschaften zugeordnet sind: „Jedes echte Ornament zeugt von den überindividuellen Bindungen des Lebens und damit von den Werten, die einer Kultur gemeinsam sind. Es hebt aus dem Vergänglichen bleibende Werte, aus dem Zufälligen das Gesetz, aus dem Individuellen das Überpersönliche heraus.“ [42]
Gleichrangig stehen die Ornamente nebeneinander, ohne hierarchische Ordnungen zu etablieren. [43] Jede einzelne ornamentale Form trägt ihre eigene Bedeutung. Werden gleiche Formen in Reihungen zusammengefügt, verstärkt sich ihre Aussage. Als Teil eines größeren Ganzen kann ihre Bedeutung über die bloße Addition der Einzelornamente hinausgehen und den Hinweis auf übergeordnete Kategorien geben. Die Entschlüsselung der Ornamentsymbolik ist für alle Kulturen und Zeiten problematisch, denn „die Zuordnung von Zeichenträger und damit Gemeintem beruht nicht auf einer immergültigen Naturgesetzlichkeit, sondern auf gesellschaftlicher Konvention. Sie ist somit an bestimmte Kulturgemeinschaften gebunden und unterliegt dem historischen Wandel.“ [44] Vor dem Hintergrund der Geschichte und Kultur der Loma ist das Augenmerk in der Podai-Ornamentik auf die Aussagen der Malerinnen zu richten, die uns Auskunft über die gültigen Ornament-Definitionen geben.
Gesellschaften - auch diejenigen, die wir als traditionell bezeichnen - sind einem ständigen Prozess der Veränderung unterworfen. [45] Die Ornamente und ihre Bedeutungen wachsen aus komplexen Zusammenhängen, in denen sich historisch entstandene und gesellschaftlich definierte Zuordnungen mit persönlichen Erfahrungen und Auslegungen mischen. Im Prozess der Wandlung gehen einige der Bedeutungsaspekte verloren, andere werden hinzugewonnen. Daher bestimmen nicht eindimensionale Festlegungen, sondern Multivokalität [46] und die Vielfalt an Konnotationen die visuellen Zeichen, die sich linearen sprachlichen Übersetzungen verweigern. „Ein Symbol kann also als ein Zeichen betrachtet werden, das durch seinen zeitgleichen Bezug auf mehrere voneinander unabhängige Kontexte bestimmt wird.“ [47] Im Fehlen einer Schriftsprache in vielen afrikanischen Gesellschaften sieht Denis Duerden mehr als nur eine zufällige kulturelle Gegebenheit. Er interpretiert diese Tatsache als eine Weigerung, sich auf eine bestimmte Bedeutung innerhalb einer vieldeutigen Wirklichkeit festzulegen, als eine „Abneigung gegen dauerhaft und verallgemeinernd übersetzbare Symbole für die Konstruktion der Gegenwart, für das Jetzt, das seinen Ausdruck in einer ideographischen Sprache findet." [48]
Dem Feldforscher oder der Feldforscherin, der/die sich für einen zumeist nur kurzen Zeitraum in einem Umfeld aufhält, dessen Kultur und Sprache ihm/ihr fremd sind, werden sich also nur einige der zahlreichen Bedeutungsebenen öffnen. Daher sind in dieser Ausstellung der Podai-Ornamentik die visuellen Zeichen wahrnehmbar, verschlüsselt aber bleiben viele ihrer Inhalte. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass die Aussagen der Podai-Malerinnen sprachlichen Transformationen unterzogen wurden: das gesprochene Lömagoi, memoriert auf Kassette, von Karl-Heinz Kriegs Mitarbeitern Georges Onivogi und Balla Onivogi handschriftlich transkribiert und ins Französische übersetzt, wurde schließlich von Karl-Heinz Krieg ins Deutsche übertragen.
Kategorien der Podai-Ornamentik
Schon bei seinem zweiten Aufenthalt im Loma-Gebiet war eines der Anliegen Karl-Heinz Kriegs, nicht nur die Malereien, sondern auch Informationen zu sammeln und „Licht in die vielen Zawagi- und Bhékpégi-Muster zu bringen. Also besprach ich mit Pévé Zoumanigi, erstmal ganz systematisch alle die Zawagi-Muster zu zeichnen, die sie aus der Vorzeit kannte. Und danach erarbeitete sie alle ihr bekannten Bhékpégi-Muster. Da sie voll in der alten Tradition steht und ihre Podai-Lehrzeit vor Sékou Touré machte, kannte sie fast alle alten Muster, ihre Namen und ihre Bedeutungen. Mit ihr konnte ich nun systematisch arbeiten." [49]
Karl-Heinz Krieg befragte Pévé Zoumanigi nach dem Namen eines Ornamentes, das ihre Kollegin Kolouma Sovogi gemalt hatte: „Kolouma nannte dieses Muster Töwözaghai = Bohnenschote (offene Schote). Warum sagst Du Zawagi?" - und erhielt zur Antwort: „Wenn Du Töwözaghai schreiben möchtest, dann bitte ohne meine Erlaubnis; denn wer das Muster malt, der allein kennt auch den Namen." [50] Die Autorität in der Benennung wurde der Malerin zugestanden. Einige der podzianuiti, der Podai-Malerinnen, enthielten sich der Namensgebung und gaben keine Informationen zu ihren Ornamenten. Für andere machten zumeist ältere Kolleginnen auf Kriegs Bitten Angaben. Auf die Frage Karl-Heinz Kriegs an Dougo Onivogi: „Warum sind diese Muster bei gleichem Namen (Zawagi) verschieden?" antwortete sie: „Die Unterschiedlichkeit der Ornamentformen ist durch persönliche Phantasie begründet. Für eine erfolgreiche Karriere akzeptieren wir Malerinnen keine Monotonie. Dadurch, dass die traditionellen Muster verändert werden, erfindet man sie passend für jedes Körperteil." (Abb. 9-11) [51]
Trotz der offensichtlichen Rolle, die Wiederholungselemente in der Podai-Ornamentik spielen, sind Variationen und nicht Festschreibungen das angestrebte Ziel der Malerinnen. Eine gute Podai-Malerin war gefordert, eigene Variationen eines Grundmusters zu schaffen. Jede Künstlerin entwickelte neben ihrer persönlichen Handschrift in der Ausführung der Muster auch einen persönlichen Stil in den Veränderungen und Ergänzungen eines Ornamentes: „Ich nehme die alten Formen nur als Basis, aber ich füge Ergänzungen hinzu, um die Malereien schön zu machen.“ [52]
Wie Ornamente ihre Namen und Zuordnungen erhalten
Karl-Heinz Krieg führte Interviews zu allen Bereichen der Loma-Kultur durch. Erst in der Aufarbeitung der umfassenden Sammlung der Malereien und des ergänzenden Materials ließen sich einige Zuordnungen vornehmen. Der Versuch, Kategorien für die Ornamentik zu entwickeln, wird dadurch erschwert, dass die Frauen einerseits verschiedene Ornamente gleich benannten, sich aber andererseits unter verschiedenen Namen durchaus gleiche Formen finden lassen. Eine vergleichbare Erfahrung mit der Systematisierung von Mustern machte Georges Meurant, der zur Ornamentik der Rindenmalereien der Mbuti-Frauen in Zentralafrika forschte: „Es gibt unter 70 aufgezeichneten nur ein Zeichen und ein Motiv, über dessen Bedeutung Einstimmigkeit herrscht." [53]
Die beiden Ornamentformen Zawagi und Bhékpégi eignen sich zur näheren Betrachtung, weil diese beiden Muster am häufigsten vertreten sind [54], Varianten bilden, die untergeordnete Kategorien einbinden und sich außerdem durch Motivnamen differenzieren lassen. Diese Ornamentgruppen sind auch in den Interviews am deutlichsten belegt und hinterfragt.
Ornamente, die ihren Namen durch Zahlen erhalten - am Beispiel Zawagi
Die Malerin Gaou Koivogi begann das Ornament (Kat.Nr. 50/Abb. 12-14) mit einer senkrechten Linie im Zentrum des Malgrundes, der sie fünf weitere parallele Linien hinzufügte, die gemeinsam die Mittelachse des Ornamentes darstellten. Einander entgegengesetzt und spiegelverkehrt ergänzte sie beidseitig spitz zulaufende Flügel. Mit Bögen und Zacken wurde die Grundform vervollständigt. Ihre Enden wurden mit kurzen querlaufenden Linien als schmückenden Abschlüssen, den kpawui [55], versehen.
Aussagen zum Zawagi liegen von Pévé Zoumanigi vor, die die Ornamentform folgendermaßen definierte: „Zawagi ist das traditionelle Ornament mit drei Zweigen. Zawagi ist im wahren Sinne des Wortes eine Sache, die - manchmal - aus drei Elementen besteht. In Loma bedeutet sawagö drei." Pévé Zoumanigi hatte also die einzelnen Teile oder Zweige des Ornamentes gezählt - und fuhr in ihrer Erklärung fort: „Am häufigsten trifft man Zawagi, die manchmal vier Zweige haben, aber einer der Zweige wird ignoriert, und dieser Zweig wird ,ma votobai', der Zweig, der zu vernachlässigen ist, genannt." [56] So bekam das, was nicht gezählt wurde, einen eigenen Namen. Und den verlässlichen Kategorien von Zählbarkeit und mathematischen Ordnungen in den Köpfen westlicher Betrachter/-innen wurde ein jähes Ende gesetzt. Hierbei kommt mir der Satz Dostojewskis in den Sinn: „Ich gebe zu, dass zwei mal zwei gleich vier eine fabelhafte Sache ist; aber wenn man schon alles lobt, so ist auch zwei mal zwei gleich fünf mitunter ein allerliebstes Sächelchen." [57]
Eine weitere Differenzierung des Ornamentes Zawagi nahm die Podai-Malerin Mawoén Guilavogi vor, als sie ebenfalls von Karl-Heinz Krieg gefragt wurde, warum ein aus vier Teilen bestehendes Ornament mit der Zahl drei (sawagö) benannt wurde. Mawoen Guilavogi ordnete die Ornamente in die Gruppe der Zawagi ein, die durch das Zusammentreffen ihrer gebogenen Formen definiert werden und den Zusatz Kpogizeibai erhalten (Abb. 15, 16). Kpogizeiba lässt sich mit „Zusammenfall entgegen gesetzter Prinzipien" übersetzen. Eine weitere Gruppe der Zawagi trägt den Zusatz Gaavhölabai (Abb. 17), der bedeutet, dass Linien und Formen nach den Regeln des Ungleichgewichts angeordnet und einander entgegengesetzt sind. [58]
Das Ornament Zawagi steht in der Gruppe der Ornamente, die nach Zahlen benannt werden, nicht allein. Auch die folgenden Ornamentformen sind nach Zahlen benannt. Es bleibt für einige Ornamente unklar, welche Einheiten gezählt werden.
Ilagi (eins) Kat.Nr. 65, Kat.Nr. 69, Velegi (zwei) Kat.Nr. 68, Zawagi, sawagö (drei) Kat.Nr. 50, Nanigi (vier) Kat.Nr. 70, Kat.Nr. 4, Kat.Nr. 31, Lösawagi (acht) Kat.Nr. 57, Tavhugi (neun) Kat.Nr. 61, Pugi (zehn) Kat.Nr. 58
Ornamente, die eine Art der Anordnung ausdrücken - am Beispiel Bhékpégi
Das Ornament Kat.Nr. 49 lässt sich als eine Grundform des Bhékpégi verstehen. Das Muster setzt sich aus gebündelten parallel angeordneten Linien (7,9,9), in den Farben braun und schwarz, zusammen. Vaba Béavogi übersetzte dieses Ornament in seine Wortbedeutung: „In seiner ersten Bedeutung steht Bhékpé für Stück für Stück. Die zweite Erklärung ist, dass Bhékpé bedeutet, die Dinge eins und eins oder zwei und zwei abzulegen. Der Name Bhékpégi, der dem traditionellen Ornament gegeben wird, bezeichnet die Art und Weise, in der die Dinge eins zu eins oder zwei zu zwei geordnet werden. Anders gesagt, es ist die Art und Weise, die Dinge in Stücken zu sortieren." [59] Dass Bhékpégi ein traditionell verankertes Ornament sein muss, bestätigt die Tatsache, dass die älteren Malerinnen in der Definition des Ornamentes weitgehend übereinstimmten: Bhékpégi „ist die Art, Dinge in Stücken, Scheiben, Teilen, Punkten oder Strichen zu zeichnen." - gab Pévé Zoumanigi an [60]: „Die Linien von Bhékpégi verwirren sich nicht wie in einem Spinnennetz." [61]
Indem Vaba Béavogi die Grundform des Bhékpégi beschrieb, brachte sie Karl-Heinz Krieg eine weitere Dimension des Musters zu Gehör: kpè-kpè-kpè schlug sie den Rhythmus des Ornamentes mit dem Stöckchen und machte die enge Verknüpfung der visuellen und auditiven Bereiche des künstlerischen Ausdrucks deutlich. So wie die Ornamente im Nebeneinander von gefüllten und leeren Räumen Flächen strukturieren, strukturieren Rhythmen Zeit. Sie setzen der zeitlichen Unendlichkeit Betonungen ein und machen sie dadurch erfahrbar. Der gleichförmige Rhythmus betonter und unbetonter Einheiten, der uns im natürlichen Rhythmus des Herzens vorgegeben und vertraut ist, findet in der Musik der Trommeln seine Entsprechung. Dabei erfahren betonte und unbetonte Schläge dieselbe Aufmerksamkeit. Chernoff beschreibt dieses Phänomen des mitgezählten Auslassens auch für die afrikanische Musik: „Die Musik ist so angelegt, dass sie offen für die rhythmischen Interpretationen ist, die ein Trommler, ein Zuhörer oder ein Tänzer hinzufügen möchte. Die Musik kann vielleicht am besten als ein Arrangement aus Leerstellen betrachtet werden, dem jemand eher einen Rhythmus als ein dichtes Klangmuster hinzufügen kann." [62] Ihre Entsprechung im Ornament haben diese Leerstellen in den nicht gefüllten Flächen, die z.B. auch in den Batiken der Dogon-Frauen in Mali als Bedeutungsträger dienen: „Das Muster entsteht durch die spezielle Verbindung von weißen Zeichen auf dem indigofarbenen Untergrund, und der Abstand zwischen den Reihen der Einschnitte ist zumindest genauso wichtig wie das, was wir als ,Muster' bezeichnen würden. Denn für die Dogon-Frauen, die diese Stoffe färben und tragen, ist der ,leere' Raum nicht leer, [...] denn es ist die Leere, die Stille der vollen schwarzen Farbe, die die Fläche ausmacht, die den notwendigen Untergrund für das Stoffmuster darstellt." [63] In einer Weiterentwicklung des Bhékpégi-Motivs wird die Verbindung zur Musik auch in der Form des Ornamentes bildlich: das Bündel der parallelen Linien wird zur sanduhrförmigen Saitentrommel Tamadegi ergänzt. Über die abstrakte Form der Trommel wird die direkte Verbindung zum geschlagenen Rhythmus hergestellt. Auch Worte vermögen die Meister der Tamadegi, die Feste und Rituale mit ihren Rhythmen begleiten, in Töne zu übersetzen. [64]
Beide Ornamentformen, sowohl das Zawagi als auch das Bhékpégi, finden sich als übergeordnetes Stilprinzip, als eine bestimmte Art, Linien zu ordnen, in unterschiedlichen Motiven wieder. Zu diesen Motiven gehören zahlreiche Geräte, die für religiöse Riten benutzt werden, Alltagsgegenstände und Motive der einheimischen Flora und Fauna. In ihren Variationen werden die Muster durch Namenszusätze differenziert wie z.B. Zawagi-Sévhézévhégoi (Schwalbe) Kat.Nr. 44, Kat.Nr. 117, Zawagi-tumoi (Fischnetz) Kat.Nr. 75, Bhékpégi-tamadegi (Trommel) KatNr. 56, Bhékpégi-Ziazèpègi (Schildkröte) Kat.Nr. 11
Ornamente, deren Namen sich auf Körperteile beziehen
Wird eines der traditionellen Ornamente auf den Körper der jungen Mädchen aufgetragen, so kann es auch den Namen des bemalten Körperteils erhalten. Dazu Mama Gaou: „Die einzelnen Muster haben dann wieder spezielle Namen, je nachdem, was sie darstellen oder wo sie am Körper platziert sind." [65] Für jedes Körperteil werden die Ornamente variiert und angepasst." [66]
So ist das Ornament Komaga-vhodai das Podai-Muster auf der Wange eines Mädchens (Nu womagui = die Wange einer Person, vhodai = Podai, ein traditionelles Muster). Das Ornament Kakazu-vhodai: (Nu ghakaizou - Brustkorb eines Menschen) wird auf den Brustkorb und Kosu-vhodai (Nu wozouvhé - der Bauch) auf den Bauch eines Mädchens gemalt. (Vgl. Kolouma Sovogi Kat.Nr. 79 und Kat.Nr. 87) Nicht jedes Ornament ist für jedes Körperteil geeignet, und auch individuelle körperliche Unterschiede werden in den Ornamentformen berücksichtigt. „Es gibt die Kategorie der Bhékpégi, die auf korpulente Frauen aufgetragen werden und die Kategorie der Bhékpégi, die auf Frauen mittlerer oder kleiner Statur gemalt werden." [67]
Ornamentnamen, die sich auf Motive beziehen
Die Motive der Gerätschaften, die im Alltag und während des Initiationsfestes eingesetzt werden, einige Pflanzen und Tiere gehören zum überlieferten Repertoire der Ornamentik und zeichnen sich in der Darstellung durch einen hohen Grad der Abstraktion aus.
Alutoganinéi (Neumond) Kat.Nr. 48, Boghalaagi (Glocke) Kat.Nr. 55, Boghazévhei (Messerklinge) Kat.Nr. 42, Dubéi (Pferdeschwanz) Kat.Nr. 41, Féféi/Féfégi (Wedel) Kat.Nr. 46, Ghilagi (Bogen für Jagd und Baumwollbearbeitung) Kat.Nr. 29, Tamadegi (Trommel) Kat.Nr. 56, Tumoi (Fischnetz) Kat.Nr. 75, Völi (Trommel) Kat.Nr. 103, Zapai (Hemd der Männer) Kat.Nr. 43, Kozei (Farn) Kat.Nr. 53, Kat.Nr. 39, Sévhézévhégoi (Schwalbe) Kat.Nr. 44, Ziazèpègi (Schildkröte) Kat.Nr. 11
Die Auswahl der Benennungen in der Podaimalerei hing entscheidend von den Vorlieben der Malerinnen ab. Wie Blitzlichter beleuchten die Namen der Ornamente eine Ebene möglicher Zuordnungen. Die älteren Malerinnen bevorzugten die traditionellen Ornamentnamen, die unverändert von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Unter ihren Zuordnungen aber war Raum für eine Vielzahl von Formen und ihren Variationen.
Die Malerin Kolouma Sovogi erklärt uns den „Geist von Podai" anhand eines Vergleichs. Im Gehöft vor ihrem Haus stand das Auto Kriegs, das ihm als Übernachtungsplatz diente: „Vor meinem Haus steht ein Auto - es ist dein Haus, du schläfst darin. Du nennst dein Haus Auto - Auto ist der Name für das Ganze - es hat aber vier Räder, Fenster, einen Motor - mein Haus hat eine Tür, Fenster, darin ist mein Bett - jedes Teil hat seinen Namen. So ist es mit den Podai-Mustern. Viele Teile ergeben ein Ganzes. Manche Teile, manche Muster habe ich gesehen und einfach gemalt, ohne den Namen zu kennen. Über manche „Teile" reden wir nicht gerne - so ist es bei uns Frauen." [68]
Körperstempel der Männer
Die Entwicklung und Ausführung der Podai-Malerei lag in den Händen der Frauen - aber vor der Regierungsübernahme durch Sékou Touré wurden auch die Jungen aus Anlass ihrer Beschneidung von den Frauen mit Podai-Mustern bemalt. Darüber hinaus gab es Ornamente, die „ein traditionelles Zeichen der initiierten jungen Männer" [69] waren und nicht gemalt, sondern von den dafür ausgewählten Männern mit der schwarzen Podai-Farbe gestempelt wurden. Dazu gehörten die sternförmigen Stempelornamente Gozokpobhogi (Gozo-Blatt) (Kat.Nr. 28) und das Muster Gilaghöghöi (Hundeplote). [70]
Ornamententwicklungen in der Hauswandmalerei
In der Zeit vor der Unabhängigkeit Guineas 1958 wurden nur die Versammlungshäuser und die Häuser der Notabeln, der führenden Persönlichkeiten, mit Malereien geschmückt. Erst im Anschluss an die Amtszeit Sékou Tourés, in der alle traditionellen Riten untersagt waren, wurden auch andere Häuser und Innenräume bemalt: „Damit das Dorf für das Fest schön aussieht." [71]
Zu den traditionellen Hausmustern [72] gehörte z.B. das Motiv eines Boubous, des großen weiten Kleidungsstückes großer Krieger, der mit dem Muster „Leopardenfell" verziert wurde (Kat.Nr. 7). Das Symbol des Leopardenfells repräsentierte die Verbindung zum Bereich der Wildnis und seinen Kräften und war daher den großen alten Männern vorbehalten. [73]
Während die traditionellen Hausmuster nicht auf die Körper übertragen wurden, konnten die Muster der Körpermalerei, die der Hausmalerei zeitlich vorausging, [74] mit einigen Veränderungen auch auf die Flächen der weißen, mit Kaolin verputzten Hauswände appliziert werden. [75] Zwischen Haus- und Körpermalerei gab es keine entscheidenden Unterschiede in der Ausführung der Ornamente. Pévé Zoumanigi: „Je nachdem, wo die Frauen malen, sind sie gezwungen, so zu malen." [76] Die traditionellen Körperornamente wurden auf den Wänden stark vergrößert. Das Ornament Bhékpégi wurde zu Bhékpégotai, d.h. großes Bhékpégi. Zawagi wurde zum Hausmuster Sekinaani-Zawagi. Die Stärke einiger Künstlerinnen lag eindeutig in den großformatigen Wandmalereien. Karl-Heinz Krieg über die Malerin Gaou Guilavogi:„Gaou hatte einfach Schwierigkeiten mit dem Format. Jedes Papier war ihr zu klein - eine ganze Hauswand hätte es sein sollen!" [77]
Bei den gemeinsamen Betrachtungen der Podai-Muster auf Papier lehnten die alten Malerinnen immer wieder die stark veränderten und vergrößerten Muster als Körpermalereien ab. „Pévé hat Probleme mit den Formaten von Koloumas Arbeiten. Immer wieder sagte sie: „Ja, es ist ja fast traditionell - aber viel zu groß! Nie im Leben kann man dieses Muster so auf einen menschlichen Körper malen - also aufs Haus.” [78] Obwohl es den Regeln des Geheimbundes der Frauen widersprach, öffentlich Kritik aneinander zu üben, entschloss sich Pévé Zoumanigi vor einem Bild Kolouma Sovogis (Abb. 18) zu der Bemerkung: „Modern - nein!!!" Und Krieg ergänzte: „,Schrecklich', wollte sie sagen; ,das ist zu sehr gepunktet - ich möchte es am liebsten gar nicht sehen. Du kannst es an die Häuser malen'." [79] In der Empfehlung der alten Malerinnen „auf die Hauswand" war ihre deutliche Kritik an Ornamenten enthalten, die zu weit von den traditionellen Vorgaben und dem Maßstab des menschlichen Körpers abwichen.
Die abstrakten, geometrischen Traditionen der Ornamentik wurden konsequent in den Körpermalereien fortgesetzt. Der Kanon der Hauswandmotive dagegen wurde in der Zeit nach Sékou Touré weiter gefasst, da die Wandmalereien weniger rituell eingebunden waren und vor allem ästhetische Funktionen erfüllten. Die Hauswand entwickelte sich zu einem Forum für Innovationen. Neben die Modifikationen traditioneller abstrakter Muster traten neue Motive, wie z.B. Blumentöpfe und -vasen, die sich in ihrem abbildenden Stil von den geometrisch abstrakten Vorgaben der Körperornamentik unterschieden. In der Darstellung der Blumen wurde u.a. die Nähe zur europäischen Kultur dokumentiert denn sowohl Schnittblumen als auch Blumentöpfe haben es - außer auf Hauswänden - schwer, im afrikanischen Alltag einen Platz zu finden.
Das Projekt Podai
Diese auf den Wänden begonnene Erweiterung des Motivspektrums fand ihre Fortsetzung in den Malereien auf Papier und Leinwand im Projekt „Podai".
Während Karl-Heinz Kriegs anfängliches Interesse der Dokumentation traditioneller Körpermuster galt, brachte das Jahr 1996 Raum für Neuerungen. Karl-Heinz Krieg brachte eine breite Palette Acrylfarben und große Leinwände mit. Er forderte die Malerinnen mit „Malt, was Ihr seht, was Euch umgibt!" dazu auf, vertraute Motive aus ihrer unmittelbaren Umgebung in einem persönlichen künstlerischen Stil bildnerisch umzusetzen. Die 1996er Serie der Malereien [80] enthält daher neben abgewandelten traditionellen Formen [81] auch Raupen, Echsen, Fische, florale Motive [82] und einige wenige anthropomorphe Formen. [83] Die vertrauten Gegenstände des Alltags wurden in die Bilder aufgenommen. Einige Darstellungen tragen unverwechselbar die Merkmale der Podai-Ornamentik - in anderen wird eine Entwicklung in der Malerei begründet, die sich an der sichtbaren Realität orientiert. Die Malereien des Jahres 1996 legen Zeugnis davon ab, dass sich die Loma-Frauen auf Kriegs Experiment einließen und neue Gebiete der Malerei erkundeten. Es ist vorstellbar, dass in Zukunft diese neuen Formen neben den Blumenmustern auf den Hauswänden zu sehen sind.
Festhalten, was vergänglich ist - die Malereien der Loma-Frauen
Die Sammlung der Körper- und Wandmalereien der Loma-Frauen liefert, zusammen mit den schriftlich festgehaltenen Informationen Karl-Heinz Krieg, einen Beitrag zu einem marginalisierten Bereich in der europäischen Rezeption afrikanischer Kunst. Diese Kunstformen, die sich ihrer Dokumentation und Aneignung aus verschiedenen Gründen sperrten, spielten in afrikanischen Gesellschaften keine untergeordnete Rolle - marginalisiert wurden sie erst durch den Blick von außen.
In afrikanischen Gesellschaften waren abstrakte, geometrische Formen der Gestaltung vor allem den Frauen zugeordnet. [84] Sie schmückten Gegenstände der Alltagskultur, aufgetragen auf den Körper waren sie zumeist in Rituale eingebunden. Die Podai-Omamente z.B. waren während des viertägigen Festes zur Entlassung der Initiandinnen aus dem Buschlager und bei den Besuchen der Nachbardörfer öffentlich sichtbar. Schon am zweiten Tag mussten die Bemalungen vollständig erneuert werden. Zum einen waren die Farben auf dem Körper nur wenige Tage haltbar. Zum anderen entsprachen die häufigen Erneuerungen der Muster auch dem Wesen einer Kunst des Überganges, die in ihrer Flüchtigkeit Ausdruck des unsicheren, nicht gefestigten Status der Initiierten war. Neubemalungen boten Raum für Veränderungen. [85] In ihrer materiellen Beschaffenheit waren Körpermalereien nicht auf Dauerhaftigkeit angelegt, sondern verkörperten in ihrem Werden und Vergehen lebensnahe Prinzipien. Gesellschaftliche Kontinuitäten dagegen drückten sich in den unpersönlichen, übergeordneten Formen der Ornamentik aus.
Körpermalereien - und auch Hauswandmalereien, die kaum die nächste Regenzeit überstanden - waren nur für kurze Zeit präsent. Sie ließen sich zudem nicht unabhängig von ihren Trägern (Körper, Haus) aus ihrem Entstehungskontext lösen.
In einigen wenigen Fällen wurden Wandmalereien dokumentiert. So beauftragte der deutsche Kolonialbeamte Alfred Mansfeld in Kamerun zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Malerin Frau Orok, ihre Motive auf Papier zu übertragen - bis heute zugänglich in den „Urwalddokumenten". [86]
In der Kolonie Belgisch Kongo brachte in den 1930er Jahren der Schneider, Jäger und Wandmaler Tshelantende für den belgischen Kolonialbeamten Georges Thiry seine Wandmotive zu Papier. [87]
Die Motive der Uli-Körpermalereien der lgbo aus Nigeria, ursprünglich von Frauen gemalt gingen erst durch die Hände von Männern, bevor sie als zeitgenössische Kunst Europa erreichten. [88] Weiterhin sind Körper- und Wandmalereien in Fotografien dokumentiert. [89]
Als Teil der materiellen Kultur afrikanischer Gesellschaften erreichten Skulpturen, Masken, aber auch Gegenstände des Alltags den europäischen Kontinent und wurden Ende des 19. Jahrhunderts in völkerkundlichen Sammlungen präsentiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckten avantgardistische Künstler die figürlichen Objekte als Projektionsflächen für ihre Visionen von Wildheit. Für Skulpturen und Masken, geschnitzt von Männern, öffnete sich der europäische Kunstmarkt. [90] Den Ornamenten wurde die untergeordnete Rolle eines Zusatzes, einer Dekoration, zugewiesen - abgewertet durch die Nähe zum Handwerk und zum Bereich der Frauen. [91]
Auch Malereien aus afrikanischen Ländern hatten es schwer, in Europa als Kunstgattung wahr genommen zu werden. Als der Belgier Gaston-Denis Perier in den 1930er Jahren vergeblich Ausstellungsorte für die Aquarelle Tshelantendes aus Belgisch Kongo in Brüssel suchte, formulierte er seine Enttäuschung über seine Landsleute: „Außerdem ist es verlogen, die traditionelle schwarze Kunst zu loben, während man gleichzeitig die kongolesische Kunst unserer Tage ignoriert". [92]
Bis heute müssen sich zeitgenössische afrikanische Malereien gegen den Verdacht durchsetzen, ausschließlich ein Resultat europäischer Vorgaben zu sein und europäische Kunstrichtungen aufzunehmen und zu kopieren. [93]
Die Ausstellung „Podai. Malerei aus Westafrika" stellt den Kontakt zu den Bereichen der Malerei, der Ornamentik und der Kunst der Frauen in einer westafrikanischen Kultur her. Das Projekt „Podai" umfasst sowohl die Zeit der Entstehung der hier gezeigten Malereien als auch die Geschichte ihrer europäischen Rezeption. Podai-Ornamente, Ausdrucksformen kultureller Norm für die Loma, werden Zeugnisse kultureller Differenz im europäischen Kontext. Erst hier werden die Malereien zu Beispielen „afrikanischer Kunst".
Anfänglich stand die Dokumentation der Ornamente aus ethnologischem Blickwinkel im Vordergrund - und die Exponate wurden in einem Völkerkundemuseum gezeigt. [94] Da die ästhetisch-künstlerischen Eigenschaften der Malereien aber unübersehbar waren - und die Bereitschaft im Kunstpublikum gewachsen ist, sich auf außereuropäische Kunstformen einzulassen [95], wechselten die Exponate den Kontext. So ist es dem Zeitgeist zu verdanken, dass der künstlerische Aspekt der Podai-Ornamente endlich gesehen und in dieser Ausstellung gewürdigt wird.
[1] Schriftzug von Barbara Schmidt Heins an der Rückfront der Hamburger Kunsthalle, 1994.
[2] K. Højbjerg führte 1995 eine Feldforschung im Loma-Gebiet durch. Højbjerg 1995:9.
[3] Reisebericht Krieg 1987/89:1.
[4] Akoi Béavogi, Dorfchef aus Segbémé. Reisebericht Krieg 1987/89:4.
[5] Højbjerg 1995:2f. beschreibt ähnliche Erfahrungen.
[6] S. Fabian 2001:23.
[7] Fragen Karl-Heinz Kriegs an Mama Gaou. Tonbandaufzeichnung A/87.
[8] In der Zeit vor Sékou Touré “wurden die Körper der Jungen bei der Beschneidung auch mit unseren Podai-Mustern bemalt. Die Muster sind die gleichen wie bei den initiierten Mädchen, z.B. Zawagi. Bhékpégi. Es waren wir Frauen, die die Jungen mil Podai-Mustern bemallen. Sie bemalten alle Körperstellen, genau so, wie bei den Mädchen", gab Fata Sovogi Auskunft. Inzwischen finden die Beschneidungen der Jungen in Krankenstationen statt, und die Bemalung entfällt.
[9] Vgl. Körpermalerei der Igbo-Frauen, die den Namen „uli" nach den Namen der Pflanzen trägt, aus denen die Farbe für die Bemalung hergestellt wird. Willis 1989:62.
[10] Interview Krieg mit Akoi Béavogi April 1990.
[11] Reisebericht Krieg 1990:11.
[12] Interview mil Kolouma Sovogi April 1989.
[13] Im Gegensatz zu anderen afrikanischen Kulturen (z.B. Ejagham) kehren die Körpermuster der Loma nicht auf Gegenständen des Alltags wieder.
[14] Reisebericht Krieg 1990.
[15] Interview mit Georges Onivogi April 1990:A28, Ergänzung Krieg.
[16] Interview mil Pévé Zoumanigi 1991.
[17] Georges Onivogi 4/90:A29.
[18] Interview mit Enèma Onivogi 1990: Die Kinder benutzten auch den Ziaghozei, den Wasserfarn, um ihre Körper mit dem Muster seiner Pollen zu verzieren.
[19] Die Dörfer liegen zumeist auf Berggipfeln, das Buschlager etwas unterhalb, sodass die Mädchen ins Buschtager hinab- und ins Dorf hinaufsteigen.
[20] Totem: Schutzgeist eines Clans, der eine besondere Behandlung fordert.
[21] Interview mit Pévé Zoumanigi 1991.
[22] Eintrittsalter und Länge der Seklusionszeit variieren in den verschiedenen Dörfern.
[23] Information von Pévé Bavogi, Reisebericht Krieg 1987/89:21.
[24] Jacobsen-Widding 1991:20: “Similarly, whatever is fluid in nature tends to enter as an important metaphor of mediation between opposed spatial categories."
[25] Jedrej 1986:505.
[26] Pévé Bavogi, ein Musiker aus Segbémé, im Interview mit Krieg am 17.4.1996.
[27] Eberl-Elber 1935:353.
[28] Zomagi (sg), zomagiti (pl).
[29] Im Buschlager war die Hierarchie des Frauenbundes etabliert: es gab sechs Gruppen, die jeweils ihr eigenes kollii (Eisengeld) verdienten und verwalteten. Die unterste Gruppe bildeten die Initiandinnen.
[30] Gegen die Beschneidung von Frauen hat sich Widerstand organisiert. Siehe dazu: […] Terre des Femmes (www.frauenrechte.de)
[31] In dieses Bild weiblicher Zusammengehörigkeit gehört auch die Vereinbarung, sich in der Öffentlichkeit nicht gegenseitig zu kritisieren. Konflikte müssen bundintern geregelt werden.
[32] Im Gespräch mit Krieg 1989.
[33] Vgl. das Sprichwort der Yoruba: “Iwalewa", das bedeutet “Charakter ist Schönheil." Beier 1991:97.
[34] Strathern 1979:249.
[35] Vgl. Interview Akoi Onivogi I,1991.
[36] Vgl. Röschentaler 1998:12: Körperdekoration kann „als eine Form der Bekleidung […], die das Individuum nicht nur sozial verortbar macht, sondern es gleichzeitig ästhetisiert, betrachtet werden.
[37] Interview mit Georges Onivogi aus Nyanguézazou, 1990:1.
[38] Thévoz 1985:72.
[39] Im Interview mit Krieg 1991.
[40] Reisebericht 1989:15, Information von Mama Gaou.
[41] Drewal und Drewal 1987:226.
[42] Schefold 1990:55.
[43] Vgl.Carboni 1991.
[44] Michel 1979:16.
[45] In dem Sonderforschungsbereich “Ritualdynamik" der Universität Heidelberg richtet sich der Blick auf die den Ritualen innewohnende Dynamik, die auch in den visuellen Komponenten eines Rituals ihre Entsprechungen hat. […]
[46] MacGaffey 1986:13: “das selbe Zeichen, die selbe Form kann mehrere Bedeutungen sowohl für den Einzelnen als auch für verschiedene Benutzer übermitteln." (Übersetzung die Verf.)
[47] Paarup-Laursen 1991:237.
[48] Duerden 1975: XIV.
[49] Krieg 1990.
[50] Interview Krieg mit Pévé Zoumanigi 1990.
[51] Interview mit Dougo Onivogi 1991.
[52] Interview Akoi Onivogi I, 1991.
[53] Meurant 1995:164.
[54] In der Sammlung Karl-Heinz Krieg insgesamt: Zawagi: 749: Bhékpégi: 637; Zawa-Bhékpégi: 30; Bhékpégi-Zawagi: 66.
[55] Interview mit Pévé Goépogi 1991.
[56] Interview mil Pévé Zoumanigi 1990.
[57] Dostojewski 1988:38.
[58] Mawoén Guilavogi im Interview 1991.
[59] Interview mit Vaba Béavogi 1990.
[60] Pévé Zoumanigi 1990. So auch Mama Gaou 1991: Bhékpégi heißt “mettre les choses par groupe ou par un à un".
[61] Vaba Béavogi 1990.
[62] Chernoff 1979:113/114.
[63] Brett-Smith 1990/91:177.
[64] Lömagoi gehört zu den Mande-Sprachen, in denen Wortbedeutungen u.a. von den Tonhöhen der einzelnen Silben abhängig sind.
[65] Mama Gaou, Reisebericht Krieg 1989:15.
[66] Dougo Onivogi 1991.
[67] Interview mit Mawoén Guilavogi 1991.
[68] Kolouma Sovogi 1989, im Reisebericht Krieg 1990:3.
[69] Pévé Bavogi. April 1990.
[70] Pévé Bavogi Interview 1990.
[71] Reisebericht Krieg 1989:16.
[72] Siehe Ornamenlliste im Anhang.
[73] Zur Bedeutung des Leoparden schreibt Jedrej 1986:508, dass die Poro-Maske Angbai (der Loma und Gbandej, die dem Männerbund gehört, mit einem Leopardenfell ausgestattet ist. Die großen allen Männer haben das Recht auf alte Leopardenfelle. Der Chef, auch Leopard genannt, wird im Leopardenfell beerdigt.
[74] Pévé Zoumanigi im Interview 1991.
[75] Georges Onivogi im Interview 1990:2: “Im Allgemeinen malen sie die Muster der Häuser auch auf die Körper der Mädchen. Es gibt aber Ausnahmen: die traditionellen Muster, die Tierfelle darstellen, werden nicht auf Mädchen- oder Jungenkörper gemalt." Vaba Beavogi im Interview 1990: .Ich, Vaba, trage alte Muster, die ich auf die Körper junger Mädchen male, auch auf Hauswände auf."
[76] Pévé Zoumanigi im Interview 1991.
[77] Krieg, Biografie Gaou Guilavogi 1989.
[78] Pévé Zoumanigi im Gespräch mit Krieg 1990.
[79] Krieg (August 1990) über Pévé Zoumanigi: „Glücksfall. Normalerweise findet sich kaum ein Künstler oder eine Künstlerin in Afrika, die die Arbeiten eines anderen ehrlich kritisiert. Das tut man einfach nicht!"
[80] 1996er Serie umfasst 1867 Malereien, von denen in dieser Ausstellung 78 gezeigt werden.
[81] Apögi = Rührlöffel in Bewegung KatNr. 107
[82] Raupen: KatNr. 26, Kat.Nr. 27, Echse: KatNr. 21, Fische: KatNr. 20, KatNr. 37, KatNr. 38, florale Motive: KatNr. 22, KatNr. 23, KatNr. 33, KatNr. 39, KatNr. 53, KatNr. 80, KatNr. 121
[83] KatNr. 79, KatNr. 87, KatNr. 89, KatNr. 104
[84] Vgl. Meurant 1995:180.
[85] Vgl. Duerden 1975:153.
[86] Mansfeld 1908:145, 146.
[87] Vgl. Langenohl 2003.
[88] Okeke 1995:47-48.
[89] Podai-Körperbemalungen sind von Gaisseau 1954, Hauswandbemalungen in Kissidougou von Hasetberger 1957:227.229 überliefert.
[90] Vgl. “Primitivismus in der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts." 1985 (1984).
[91] Loos ordnete Ornamente in besonderem Maße den Frauen zu: “Unsere Kleidung, unsere Maschinen […] haben […] kein Ornament mehr. Bis auf die Dinge, die der Frau gehören - das ist aber ein anderes Kapitel." Loos 1962:393.
[92] 12.11.1930. Périer in Beier 1989:7.
[93] Vgl. Debatte in African Arts (AA 1981,14/2:25-27, AA1981,14/4:78-80) über Malereien aus Oshagbo, Nigeria.
[94] Hamburgisches Museum für Völkerkunde 1995.
[95] zuletzt: documenta 2002 in Kassel.
Text: Kathrin Langenohl, 2003
Aus: Podai - Malerei aus Westafrika, museum kunst palast, Düsseldorf, 2003